Störung ! Finni ! Junge, ich make dich ! Na hör‘ mal, wo sind wir denn hier gelandet, wird sich jetzt der ein oder die andere Person Ü15 fragen. Aufklärung folgt.
Es ist halb zehn in Deutschland. Die Knoppers sind schon längst out, Durstlöscher und Fleischkäsebrötchen sind hingegen vor allem am Goethe Gymnasium in Germersheim ein must have in der Pause. Diese und weitere Leckereien finden sich nun auf den Tischtennisplatten des Pausenhofs wieder, umringt werden sie von einer Herde aufgeregt schreiender 5.,6., und 7. Klässler, die, ohne einen Schläger in der Hand zu haben, Rundlauf spielen. Mit dem klassischen Tischtennis-Rundlauf, so würden es Außenstehende feststellen, hat dies nicht viel zu tun.
„Hin und her?“ – mit diesen drei Worten, die eigentlich keine Frage, sondern eher eine Entscheidung darstellen, beginnt der Rundlauf, und ich habe mich dafür entschieden, mitzuspielen. Hin und zurück legt fest, dass, falls man den Aufschlag des Gegenübers nicht zurückspielen kann (Tischtennis-Fachsprache: return), die Platte verfehlt oder ins Netz spielt, trotzdem weiter machen darf. Ich frage einen nebenstehenden Schüler, der bereits rausgeflogen ist, ob man das denn auch mit seinem Feind so machen würde. „Natürlich nicht …da wird das weggelassen und der fliegt raus,“ wird mir lachend entgegnet. Spätestens hier klingeln bei mir alle Alarmglocken. Will ich wirklich ein Spiel mitspielen, wo der Grad der Freundschaft den Anfang eines Spiel beeinflusst? Den Spielern vor Ort scheint diese Regel jedenfalls ganz gut zu gefallen.
Ich spiele also trotzdem weiter. Schließlich habe ich jeden Sommer damit verbracht, auf dem Campingplatz in Südtirol holländische und italienische Mitspieler beim Rundlauf rauszuschmettern. Da müsste ich doch hier auch eine Chance haben. Zack, und raus ist er, der Kollege, der einfach zu langsam war, um meinen schnellen, angedrehten Ball noch abzuwehren. „Störung,“ ruft jemand mit Chipstüte demjenigen zu, der eigentlich jetzt safe (Jugendsprache für: ‚ganz sicher‘) raus sein sollte. So geht das Spiel weiter, als wäre nichts passiert. Nun bin ich komplett verwirrt. Später erfahre ich, dass Spieler XY anscheinend von Spieler YZ gestört wurde, meinen Ball abzuwehren, und somit weiter spielen darf. Ein ausgefeiltes Regelsystem.
Also gut. Weiter. Es geht langsam voran. Noch stehen ziemlich viele vor und hinter mir. konzentriert, leidenschaftlich, geduldig – so lässt sich die Stimmung beschreiben. Geduldig, weil mit andauernden „Störung“- und „Finni“-Rufen (Leben, die man bekommt, wenn nur noch 5 Spieler mitspielen; bei Einsatz von Finnis, darf man weiterspielen, auch wenn man den Ball nicht zurückspielen konnte) das Finale, in dem zwei Spieler übrig bleiben und gegeneinander spielen, verzögert wird. Am Ende verliere ich das Finale haushoch 0:3. Sie wurden ja richtig gemaked, bekomme ich noch zu hören. Maken. Rausschmettern. „Einstieg,“ ertönt es aus allen Richtungen, das Spiel beginnt von neuem, ich verabschiede mich. Die Knoppers Verpackung auf der Platte entgeht mir nicht.